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Prof. Dr. Elke Mack im Gespräch mit Barbara Schmid (DIAKA)

Prof. Dr. Elke Mack (geb. 1964) ist Mitautorin der Studie "Sexkauf - eine rechtliche und rechtsethische Untersuchung der Prostitution". Seit 2003 ist sie Universitätsprofessorin für Christliche Sozialwissenschaften und Sozialethik an der Universität Erfurt. Elke Mack wurde in Christlicher Sozialwissenschaft 2001 von der Universität Würzburg habilitiert. Sie forscht schwerpunktmäßig zu globaler sozialer Gerechtigkeit sowie zu rechtsphilosophischen Fragestellungen.

Barbara Schmid (DIAKA) und Prof. Dr. Elke Mack, Foto: Stefan Baumgarth
Barbara Schmid (DIAKA) und Prof. Dr. Elke Mack, Foto: Stefan Baumgarth

DIAKA

Warum nehmen Sie sich als Ethikerin die Prostitutionsgesetzgebung in Deutschland vor?

 

Prof. Dr. Elke Mack

Es ist eine meiner primären Aufgaben als Ethikerin schweren Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit den Verletzungen von Frauenrechten auf globaler Ebene. Dann bin ich jedoch darauf gestoßen, dass wir sogar in unserem eigenen Land gravierende Menschenrechtsverletzungen dulden, nämlich bei Menschen in der Prostitution.

 

DIAKA

Wie werden deren Rechte in Deutschland verletzt?

 

Mack

Wir haben in unserer Forschungsarbeit* empirisch belegt: Menschen in der Prostitution, fast immer sind es Frauen, müssen tagtäglich und während ihrer ganzen Tätigkeit schwere Körperverletzung durch gewalttätige Freier und Zuhälter erdulden. Sie leiden deshalb unter psychischen Traumatisierungen wie wir sie sonst nur von Folteropfern und Kriegsveteranen kennen. Es geht häufig um Menschenhandel in Verbindung mit Organisierter Kriminalität, die die Beschaffung der Frauen aus dem Ausland regelt. Die Beweislage ist so niederschmetternd, dass wir die derzeitige Gesetzgebung zur Prostitution für verfassungswidrig erachten.

 

DIAKA

Freier brüsten sich in Internet-Foren damit, Prostituierten Gewalt anzutun …

 

Mack

Das sind schockierende, aber repräsentative Selbstaussagen von Männern. Eine kritische Öffentlichkeit muss erfahren, wie Freier in der Prostitution denken und handeln. Viele sind aufgrund des Sexkaufs davon überzeugt, sie könnten sich an den Frauen befriedigen so lange und so gewaltsam sie es wollen. Die Freier-Foren sind so grausam, dass Google sie regelmäßig aufgrund ihrer Worte löscht. Der deutsche Gesetzgeber duldet die Taten.

 

DIAKA

Was macht das mit der Gesellschaft insgesamt?

 

Mack

Die Gewaltbereitschaft gegen Frauen ist unter deutschen Männern im Vergleich zu anderen westlichen Ländern hoch und liegt etwa bei einem Drittel. Dies führe ich auch darauf zurück, dass in einem Land, in dem man sich eine Frau zur einseitigen sexuellen Befriedigung kaufen kann, die Bereitschaft zur Gewalt gegen Frauen eindeutig höher ist. Die Achtung und der Respekt vor Frauen ist nachweislich bei Männern in Ländern, welche ein Sexkaufverbot haben, deutlich ausgeprägter.

 

DIAKA

Die Freier-Foren geben rassistische, klassistische und sexistische Einstellungen wieder.

 

Mack

Unsere derzeitige Prostitutionsgesetzgebung befördert das: Kaufkräftige weiße Männer nehmen sich zumeist ausländische arme Frauen zur einseitigen sexuellen Befriedigung. Dies ist nicht nur ein ethisches, sondern ein verfassungsrechtliches Problem. Der Artikel 1 Grundgesetz verbietet die Verobjektivierung und die Einschränkung der Autonomie von Menschen. Der Staat ist dazu verpflichtet, die Würde des Menschen in seinen Gesetzen zu gewährleisten. Dies muss auch bei sexuellen Handlungen gelten, denn Menschen sind hier extrem verletzbar – körperlich und seelisch. 

 

DIAKA

Was muss sich in Deutschland ändern?

 

Mack

Ein Sexkaufverbot wäre geboten, weil der Staat für Menschen in der Prostitution keine Gewaltfreiheit garantieren kann. Wie andere demokratische Länder sollten wir Menschen bestrafen, die andere zum Mittel für sich selbst degradieren. Wir haben Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt, wir ächten Menschenhandel und sexuelle Gewalt. Wollen wir diese in einem zivilisierten Land wie Deutschland weiterhin dulden, das nach außen hin nicht müde wird, die Menschenrechte einzufordern?


Ausführliche Informationen finden Sie in der DIAKA-Pressemitteilung zu Neuerscheinung der Studie "Sexkauf - eine rechtliche und rechtsethische Untersuchung der Prostitution":

 

► https://www.diaka.org/pressemitteilung-neue-studie-sexkauf


Neuerscheinung:

 

Elke Mack, Ulrich Rommelfanger: Sexkauf. Eine rechtliche und rechtsethische Untersuchung der Prostitution. Nomos 2023, 332 Seiten, broschiert. ISBN 978-3-8487-7597-2.


Für weitere Informationen, Anfragen und Interviews stehen die Expertinnen und Experten des Deutschen Instituts für angewandte Kriminalitätsanalyse - DIAKA gern zur Verfügung.

 

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